Wir sehen uns im Jenseits von Silas

Es war ein Sonntagmorgen als Florian von den Ärzten offiziell für tot erklärt wurde. Er sollte in einer Woche neben dem Grab seiner Frau und seines Sohnes begraben werden. Wie es jedoch dazu kam, ist eine sehr spezielle und mysteriöse Geschichte.
Florian lebte in einem kleinen Dorf in den Bergen. Es hatte ein kleines Restaurant, eine eigene Molkerei und einen Metzger, der für seine Ware in der ganzen Umgebung bekannt war. Florian fuhr wie jeden Abend von der Arbeit nach Hause, heute war es jedoch viel früher dunkel geworden als an anderen Tagen. Er war kurz vor der scharfen Linkskurve, die zum Tunnel führte. Es ist eine finstere Umgebung, links und rechts erstrecken sich riesige Tannen und hohes Gras, der riesige Hügel durch den der Tunnel führt ist teilweise mit Tannen und Pflanzen bewachsen aber meist stehen Felsen und Geröll hervor. Hier war er noch nie einem anderen Auto begegnet, bis heute. Als er um die scharfe Linkskurve steuerte, wurde die Finsternis von einem hellen Licht durchbrochen. Er bremste ab und sah vor sich ein in Flammen stehendes rotes Auto. Florian fuhr näher heran, getraute sich jedoch nicht auszusteigen. Sobald er konnte, warf er einen Blick in die Fahrerkabine, was er bereute getan zu haben. Sein Blick traf auf einen verbrannten, leblosen Körper, der im Fahrersitz sass. Dieser Anblick liess ihn zusammenzucken und er drückte aufs Gaspedal. Ein Gefühl kam in ihm auf, wie er es noch nie zuvor erlebt hatte. Er fuhr, starr vor Schreck, weiter. Als er den dunkelsten Teil des Waldes erreicht hatte, begann sein Scheinwerfer zu flackern. Er dachte sich nichts und fuhr weiter. Plötzlich war es dunkel, die Scheinwerfer gaben kein Licht mehr von sich. Florian hielt den Wagen an und wartete. Rund 10 Sekunden dauerte es, bis die Scheinwerfer wieder gingen, doch als sie wieder Licht auf die Strasse warfen, stand da eine junge Frau. Sie hatte ein weisses, zerfetztes Kleid an, das mit Brandflecken und Löchern übersäht war. Sie hatte lange, zerzauste schwarze Haare und eine grosse Brandwunde auf der rechten Backe. Sie schaute Florian mit den gleichen leeren Augen an, wie sie die Leiche im Auto gehabt hatte. Sie lächelte und fragte Florian: "Wieso hast du mir nicht geholfen? Wieso bist du weitergefahren, als du mich gesehen hast?" Florian wusste nicht, was er sagen sollte, öffnete aber trotzdem den Mund. Sie liess ihn jedoch nicht sprechen und sagte mit einer kalten, toten Stimme: "Ich werde dir alles nehmen, was dir wichtig ist, bis du nichts mehr hast und mich im Jenseits wieder aufsuchen wirst." Als sie fertig gesprochen hatte, schaute sie ihn mit ihren kalten toten Augen an und fing an zu lächeln. Immer noch mit ihrem toten Blick auf dem Gesicht, löste sie sich in Luft auf. Florian war geschockt, er blieb im Auto sitzen und blickte 30 Minuten auf die Stelle, wo die Frau gestanden hatte. Unbewusst startete er das Auto und fuhr nachhause. Zuhause angekommen ging er direkt schlafen, seine Frau und sein Sohn schliefen schon.
Am nächsten Morgen wurde er von einem lauten Klopfen geweckt, er ging nach unten und öffnete die Tür. Zwei Polizisten standen vor ihm, er war verwundert und fragte nach dem Grund für den Besuch. Der ältere Polizist fing an zu sprechen und sagte: "Heute Morgen ist ein rotes, brennendes Auto diese Strasse heruntergerast. Als wir das Auto aufgefunden haben, war es leer und es gab keine Spuren, die auf einen Täter schliessen lassen, es gab keine Fingerabdrücke oder sonst eine Spur vom Täter." Florian nickte und fragte, was er damit zu tun hätte. Der Polizist sprach erneut, diesmal mit einer besorgteren Stimme: "Das Auto hatte Ihre Frau erwischt und sie sofort getötet." Florians Bauch zog sich zusammen, seine Beine wurden wackelig, ihm wurde schwindlig und er taumelte zurück ins Wohnzimmer. Alles fühlte sich leer an und er konnte die Situation gar nicht richtig realisieren. Seine Augen füllten sich mit Tränen und er liess sich auf die Couch fallen.
Zwei Wochen darauf war die Beerdigung. Als der Sarg ins Grab heruntergelassen wurde, meinte Florian weit weg beim Wald zwischen zwei alten Eichen eine weisse Gestalt gesehen zu haben. Er ignorierte sie und redete sich ein, dass er sich das nur eingebildet hatte.
Es war 3 Wochen nach der Beerdigung und Florian machte einen Ausflug in die Berge mit seinem Sohn. Als sie auf die Autobahn fuhren ging alles super, bis Florian schwarz vor Augen wurde, und er kurz in Ohnmacht fiel. Aus dem Nichts gab es einen lauten Knall. Florian war in ein entgegenkommendes rotes Auto gefahren und hatte einen Totalschaden verursacht. Florian wurde nicht verletzt, aber seinen Sohn hatte es stark erwischt. Er hatte eine grosse Platzwunde auf der linken Seite der Stirn und lag ohne Bewusstsein da. Als Florian seinen Sohn sah, schrie er laut auf und versuchte mit Tränen in den Augen ihn aufzuwecken, doch es war schon zu spät. Die Ambulanz sagte ihm, dass sein Sohn direkt beim Aufprall gestorben sei. An der Beerdigung, als Florian mit Tränen in den Augen beim Grab stand, meinte er wieder eine weisse Gestalt, zwischen den zwei alten Eichen, beim Wald gesehen zu haben. Florian lief es eiskalt den Rücken herunter. Als er am Tag darauf auch noch gefeuert wurde, dachte Florian, er werde verrückt. Er sagte zu sich: "Die Frau hatte recht, sie hat mir alles genommen was ich liebe, und ich werde der Nächste sein."
Am nächsten Tag, einem Samstag, hatte er sich am Abend dazu entschieden alle Tabletten, die er im Haus finden konnte, zu schlucken und somit sich sein Leben zu nehmen, bevor die weisse Gestalt es tun konnte. Am nächsten Morgen wurde er für tot erklärt und wurde neben seiner Frau und seinem Sohn begraben. Da er niemanden mehr hatte, war keiner an seiner Beerdigung aufgetaucht, ausser der Frau. Sie stand an seinem Grab und flüsterte mit ihrer kalten Stimme und ihrem unheimlichen Lächeln: "Ich habe es dir gesagt, wir werden uns bald im Jenseits wieder treffen."

Lade hier den Text als PDF herunter.