Eifersucht? von Jael


Leonie kam genervt zu Hause an, drehte den Schlüssel im Schloss und betrat das alte, modrige Haus ihrer Eltern. „Wieso habe ich das nur getan?“, Leonie hatte sich nicht mit ihm treffen wollen, doch sie hatte ihn nicht verletzen wollen. „Und wieso genau in einer Fabrikhalle, am Rande der Stadt, welche schon seit Ewigkeiten stillsteht?“, murmelte sie.

Alles begann, als Oliver neu an die Schule kam. Er war ihr sehr schnell aufgefallen mit seiner Grösse, seinen dunklen, fast schwarzen Haaren und den dunkelblauen Augen. Leonie stellte sich bei Oliver vor, natürlich nur aus purer Höflichkeit. Was später, Leonies Meinung nach, nicht so eine gute Idee gewesen war. Nach dem Klingeln der Schulglocke suchte Oliver Leonie auf, um mit ihr gemeinsam nach Hause zu schlendern. „Ich dachte, wir seien einfach nur Freunde“, meinte Leonie. Am Anfang war dies ja noch lustig gewesen, bis er anfing Leonie mit Fragen zu durchlöchern, die ihn nichts angingen. „Oliver versteht einfach nicht, dass ich nicht mehr als eine Freundschaft will, er denkt egoistisch, nur an sich und sein eigenes Gefühl und nicht, wie ich das wahrnehme und wie mein Gefühl dabei ist”, ärgerte sie sich noch mehr. Zu eskalieren begann es erst richtig, als sie sturzbesoffen mit Oliver gemeinsam auf einer Party in der Stadt war. Seitdem eiferte er ihr noch mehr nach und verhielt sich auch ganz anders als sonst. Sie mochte gar nicht daran denken, was wohl gelaufen war, denn sie ahnte es bereits. „So ein Mist, ich hasse es, ich kann mich nicht erinnern, was wir angestellt haben, nichts ist mir geblieben!” Sie ärgerte sich so über sich selbst, aus purer Angst um das Geschehene vom Vorabend. Leonie sprach sehr leise und mit zitternder Stimme: „Ich empfinde einfach nichts für ihn, ich habe es ihm auch probiert zu sagen, dass wir Freunde sein können, aber nicht mehr. Ständig muss ich ihm das sagen, er kapiert es einfach nicht!” Plötzlich riss sie die Klingel der Haustüre aus ihren Gedanken, sie zuckte zusammen, brauchte einen kleinen Moment, um sich wieder zu beruhigen. Leonie öffnete die Tür und sah Denise dastehen. Denise bemerkte ihre gläsernen Augen, doch sie liess es bleiben, etwas Unnötiges zu sagen, lächelte nur und spazierte in die Bude hinein. Denise beneidete ihre beste Freundin um ihre Schönheit, die graublauen Augen und die langen, glänzenden Haare. Sie sausten die Treppe hinauf und setzten sich aufs Bett. Mit ernster Miene schaute Leonie Denise direkt in die Augen und begann zu sprechen, erzählte ihr, was alles mit Oliver und ihr in letzter Zeit gelaufen war. „Manchmal meine ich, von ihm verfolgt zu werden!”, schluchzte Leonie neben ihrer Freundin. „Und einmal, als ich nicht schlafen konnte, schaute ich aus dem Fenster und bemerkte sogar eine Silhouette in unserem Garten.”

Leonie war ganz in Gedanken versunken, so dass sie gar nicht bemerkte, wie Denise sie mit hasserfüllten Augen anstarrte. Plötzlich wurde es ganz dunkel im Haus, eine eiskalte Hand griff nach Leonies Arm, ein stechender Schmerz traf sie im Gesicht und nochmals zwischen den Rippen. Leonie riss sich los, stürzte blind die Treppe hinab, von hinten kam ein harter Schlag direkt auf ihren Kopf. Kalter Schweiss rann ihr den Rücken hinunter. Sie sank bewusstlos zu Boden. Ihr letzter Gedanke: „Wieso genau in der Fabrikhalle?”

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